Mittwoch, 11. Juni 2008

Rechtschreibung und Demokratie

Wieder mal so ein Fund im Vorbeigehen:

"Die Deutschen ziehen die Sprache Goethes der Sprache Schröders vor. An der Frage, ob man die Schifffahrt nun mit drei oder zwei "f" schreibt, spaltet sich die deutsche Nation praktisch in zwei Hälften. Die Schweizer und Österreicher nahmen die linguistische Reform mit stoischer Gelassenheit auf. Doch unter Schröder ist das Thema sogar für einen Parteienstreit gut."
"Iswestija", Moskau

Es mag ja sein, dass die Deutschen im Gegensatz zu den Österreichern die größeren Rechthaber sind. Aber genauso gut könnte man die Österreicher und die Schweizer als übertrieben obrigkeitsgläubig kennzeichnen und die Deutschen als die, die Traditionen nicht in die Hand einer Clique von veränderungs- besessener Sprachwissenschaftlern geben wollen. Einer Clique, die es durch lange Bearbeitung von Schulbürokraten geschafft hat, ihre partikulären Vorstellungen Verordnung werden zu lassen. Und vergessen wir bitte nicht, es war die österreiche Zeitung Die Presse, die einst vollmundig verkündete, nie werde man sich die Rechtschreibung von geistigen Pickelhaubenträgern, also den Preußendeutschen, verändern lassen.* Was ist aus dieser Ankündigung geworden?
Warum komme ich auf dieses platte Thema "Rechtschreibreform" immer wieder einmal zurück? Nun, wahrscheinlich wegen des grandiosen Umfangs an Streit, aber auch wegen der theoretischen Interessantheit dieses Falles. Was kann man doch alles über akademische Selbstverwirklichung, Lobbyarbeit, langen Atem, Kulturtraditionen, aber auch über die Kurzsichtigkeit einzelner geisteswissenschaftlicher Theoretiker in Sachen komplexe Normen lernen! Und natürlich über die Schwierigkeiten, die aus Selbstverwirklichungstrips mit womöglich subjektiv besten Absichten alles entstehen können. Siehe beispielsweise hier!

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* Merke: Das Netz vergisst nicht! Nachzulesen im Zusammenhang hier.

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