Mittwoch, 12. Januar 2011

SZ: Was für ein Feuilleton! Teil 1

Die Süddeutsche -- Extraklasse! Aus Zeitgründen seien die Artikel festgehalten, die ich für unglaublich wichtig halte. Für zu wichtig, als dass sie im Tagesjournalismus des nächsten Tages absaufen dürfen.

"Joseph Vogl argumentiert also wie ein gutwilliger Finanzbürger, der zu glauben bereit wäre, könnte ihm die Ökonomie vernünftige Gründe dafür liefern. Das aber ist offenbar nicht der Fall, ja, schlimmer noch: Der Glaube ist dazu angetan, die schlimmsten Katastrophen nicht nur zu rechtfertigen, sondern selbst in die Welt zu setzen.

Tatsächlich scheint die ökonomische Theorie sich unbedingt apologetisch zu ihrem Gegenstand zu verhalten und vor allem eines zu tun, nämlich idyllische Vorstellungen vom Funktionieren der Wirtschaft in die Welt zu setzen: Bernard Mandevilles Lehre vom privaten Egoismus, der sich in das Wohl der Allgemeinheit verwandle, Adams Smiths Regel von der 'unsichtbaren Hand', Milton Friedmans Verklärung des freien Marktes zu einer Instanz, die das individuelle Treiben von vielen Millionen Menschen zu einem nützlichen Ganzen verbinde - das alles würde man sich vielleicht gern zu eigen machen, wäre es denn die Beschreibung einer vorhandenen Welt. Das sind diese Lehren aber nicht. Vielmehr handeln sie von Dingen, die vielleicht eintreten werden - oder auch nicht. In keinem Fall ist erwiesen, dass die evolutionären Fabeln des Markts, 'deren Erzählung vom Tausch oder vom Wettbewerb zum Gleichgewicht führt, überhaupt elementare, endogene Prozesse neuzeitlichen und modernen Wirtschaftsgeschehens zu fassen vermag'."

Thomas Steinfeld: Gespensterkunde. Eine Entzauberung der Finanzwirtschaft: Joseph Vogl und die Wiederkehr der Politischen Ökonomie. Süddeutsche Zeitung. Nr. 8, Mittwoch, den 12. Januar 2011, Seite 11

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