Mittwoch, 12. Januar 2011

SZ: Was für ein Feuilleton! Teil 2

Das Bild! Dieses Bild -- ein einzelnes, sehr einsames Auto inmitten eines riesigen, verfallenen rokokohaften Theaters!

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In ihrem Bildband 'The Ruins of Detroit' dokumentieren die französischen Fotografen Yves Marchand und Romain Meffre den Verfall der Stadt, die einmal das Zentrum der amerikanischen Automobilindustrie war. Mit ihrer Weitwinkellinse fangen sie das Panorama einer Stadt ein, die von ihren eigenen Überresten dominiert wird.

Amerikas einstiges arsenal of democracy prägte mit seinen Automobilen weltweit das moderne Stadtbild. Erste wirtschaftliche Rückschläge und die gesellschaftlichen Unruhen in den fünfziger und sechziger Jahren läuteten den Verfall Detroits ein. Die weiße Bevölkerung verließ die Innenstadt und nahm ihre Kaufkraft mit. Viele Gebäude waren nicht mehr rentabel und wurden abgerissen. Große Löcher im Stadtgeflecht taten sich auf und wurden mit Parkplätzen und freien Feldern nur provisorisch geflickt. Übriggeblieben sind Fassaden, Mahnmale einer vergangenen Zeit.

Die bekannteste landmark ruin ziert das Cover des Bildbands. Die Michigan Central Station - errichtet 1913 vom selben Architektenteam, das auch New Yorks Grand Central Station entwarf - hieß die neuen Arbeiter willkommen. Die Stadtväter warteten vergeblich darauf, dass Downtown bis zum Bahnhof expandierte. Michigan Central Station liegt heute drei Kilometer vor den Toren der Stadt und ist somit zu einem Wahrzeichen der Deindustrialisierung geworden.

DANIEL WÜLLNER: Die Leere im Herzen der Autostadt. Verfall einer Metropole: Yves Marchand und Romain Meffre dokumentieren die Ruinen von Detroit.

YVES MARCHAND, ROMAIN MEFFRE: The Ruins of Detroit. Steidl Verlag, Göttingen 2010. 228 Seiten, 89Euro.

Süddeutsche Zeitung Nr. 8, Mittwoch, den 12. Januar 2011, Seite 11

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