Donnerstag, 17. Mai 2012

"Tagebuch einer jungen Frau"

So heißt eine Bild-mit-kleinem-Kommentar-Serie im ZEIT-Magazin. Einer irre trendigen ZEIT-Beilage.

Dazu ein Kommentar aus den Weiten des Internet. Merke: Immerhin unter zeit.de.

"Es ist ein Jammer FÜR MICH wird das einst so lesenswerte ZEIT MAGAZIN journalistisch zunehmen dürftiger. Beispiele: die ZEIT-MAGAZINE 2012 Nummer drei & vier: Die Küchenerlebnisse der Glamour-Fotografin Lina Scheynius (musste googeln, wer die ist), interessieren mich nicht." 

Nun ist das "musste googeln" kein Argument. Es sei denn, man will suggerieren, dass man einer ist, der die wirklich wichtigen Leute einfach kennt. (Umkehrschluss: "Die, die ich nicht kenne, sind nicht wirklich wichtig.") Auffallend allerdings: In die Wikipedia hat es diese schwedische "junge Frau" nicht geschafft. Weder in die deutsche, noch in die englische noch in die schwedische. Was natürlich nichts heißen muss.

Auch die Fortsetzung des Kommentars da oben scheint mir nicht wirklich zwingend:

"Selbst meine 19-jährige Tochter findet dieses affektierte Tagebuch einer jungen Frau“ als „unterirdisch“." 

Seltsam nur, dass ich mich -- in aller Relativität -- dem Urteil anschließen muss. Das neueste Bild mit Kommentar: Unscharf. Schief im Sinne des schnappschießenden Amateurfotografen. Dunkel, wie aus der Zeit vor dem Belichtungsmesser. Inhalt: Eine Frau oder ein Mädchen, mit dem Kopf zur Wand, Stirn gegen die Wand. Mann dahinter, im Gegenlicht, fummelnd. Schon denkt der Betrachter mit leichtem Grausen an Geschlechtsverkehr in dieser Position. Da sieht er, dass da zumindest der Ansatz eines Höschens noch zu sehen ist. Was für die gefühlten nächsten dreißig Sekunden nicht viel heißen muss. Die "junge Frau", also die Fotografin, war mit im Zimmer und hat dieses Bild gemacht. Leicht geheimnisvoll-schmuddelig, wie das heute schnell zur Kunst wird:

"Es war eine ziemlich außergewöhnliche Fotosession, und das war die Szene, die ich mitbekam, als ich schließlich aufgestanden war." 

OK. Nun wissen wir, wie es die jungen Frauen von heute so halten. Die eine fotografiert die andere im Hotelzimmer bei der Paarungsvorbereitung. Das ist natürlich absolut prickelnd für den ZEIT-Magazin-Redakteur. Er stellt sich vor, er wäre dabei gewesen. Was für ein modernes Feeling!

Ich könnte das Bild jetzt auf den Scanner legen. Copyright-Bedenken halten mich eigentlich nicht davon ab. Aber das Bild ist einfach zu schlecht. Und wer das mit der Amateur-Fotografin nicht glauben will, der kann ja mal hier schauen. Da wird dann im Überblick klar, dass es die "junge Frau" gerne halbnackt, mit Höschen, in der Badewanne und latent geschlechtsverkehrig hat. Immer entlang der Zuschauerfrage: "Das da an ihrem rechten Mundwinkel -- ist es Joghurt oder Sperma?" Wie gesagt, echt prickelnd sowas!

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P. S. Für die Verschwörungsliebhaber unter den Lesern: Wie ich aus meinen für gewöhnlich gut unterrichteten Wulff-Kreisen erfahren habe, hatte die junge Fotografin mal was -- nur 1 Nacht, in Hamburg, und so gesehen nicht der Rede wert -- mit dem (nicht mit ihr) verheirateten ZEIT-Redakteur Hubert G. Und der hat sie zum Dank an das ZEIT-Magazin vermittelt. Das hatte selbstverständlich nichts -- nein, rein gar nichts mit "Sich in eine Zeitung hineinschlafen" zu tun. Das waren zwei völlig unabhängige Dinge.

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Für die Foto-Historiker unter unseren Lesern  Es ist ziemlich deutlich, dass Helmut Newton und -- ja, doch, ja! -- David Hamilton zu den Lehrmeistern unser 'jungen Frau' gehören. Die ernsten Mädchengesichter auf Lina Scheynius, die junge Fotografin, es sind Hamilton-Gesichter!

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Nachtrag (04.12.2015): Wie so oft erklärt sich manches, wenngleich nicht alles, aus der Biographie der jungen Frau. "Ich habe gehört, Steven Meisel kann ein Mädchen über Nacht zum Star machen. Ein paarmal habe ich das Gefühl, ich komme voran. Einer meiner ersten Jobs in London ist mit Elaine Constantine, über die mein Booker sagt, sie sei die beste neue Fotografin überhaupt."