Mittwoch, 20. Februar 2013

München: S-Bahn-Sprachregelung

Ein Rätsel löst sich gleichsam von selbst.

Gestern, so 20 nach 7 in der Früh: 300 Meter vorm Münchener Hauptbahnhof, bleibt die S 3 aus Holzkirchen kommend stehen. Erst sagt der Lokführer, dass er keine Nachricht hat, dann sagt er -- das Staunen der Fahrgäste ist, ob der ungewohnten Deutlichkeit der Aussage, mit Händen zu greifen: Wegen eines Leichenfundes an der Donnersberger Brücke stauten sich die Züge zurück. So versäume ich meinen Zug um 8:50 Uhr.

Die Durchsagen auf dem Bahnhof sind dann wieder in der üblichen neutralen Fassung gehalten: "Wegen eines Notarzteinsatzes an der Donnersberger Brücke ...". Nun gut, die sogenannte Stammstrecke vom Ostbahnhof bis zum Hauptbahnhof und noch ein Stück weiter, die Strecke über die alles läuft, ist dicht.

Heute morgen will ich wissen, was da los war. Berichten die Zeitungen überhaupt? Oder werden diese Fälle taktvoll, oder wie man das auch sonst nennen will, verschwiegen?


"19. Februar 2013 10:03 Verkehrschaos in München | Chaos zum Berufsverkehr: Nach einem Notarzteinsatz an der Donnersbergerbrücke wurde die Streckensperrung aufgehoben und der Zugverkehr wird wieder aufgenommen. Mit Verzögerungen muss allerdings noch gerechnet werden. | Wegen eines Notarzteinsatzes an der Donnersbergerbrücke ist es am Dienstagmorgen im gesamten Münchner S-Bahn-Netz zu erheblichen Verspätungen gekommen. Von 7.30 Uhr bis 9.40 Uhr ging auf der Stammstrecke nahezu nichts mehr, wie ein Sprecher der Bundespolizei sagte. Teilweise seien die Bahnen zumindest in langsamem Tempo unterwegs gewesen."

BILD äußert sich knapp und recht spät:

"Verkehrschaos bei Münchner S-Bahn | Dienstag, 19. Februar 2013, 15:03 Uhr | München (dpa/lby) - Eine Vollsperrung der Münchner S-Bahn-Stammstrecke hat am Dienstag zu erheblichen Verkehrsbehinderungen geführt. Tausende Pendler kamen am Morgen in München zu spät zur Arbeit; bis in die frühen Nachmittagsstunden kam es bei der S-Bahn zu Ausfällen etwa auf der Strecke zum Flughafen. Viele Reisende mussten befürchten, ihre Flüge nicht rechtzeitig zu erreichen."

Klarheit bringt dann erst die Abendzeitung. Genauer: Nicht die Abendzeitung, sondern zwei ihrer Leser. Zuerst die Abendzeitung, wie die anderen sachlich-verklausuliert:

"Laim und Hackerbrücke | S-Bahn-Strecke nach Notarzteinsatz wieder frei | az, 19.02.2013 12:02 Uhr | Ärger im Berufsverkehr: Ein Notarzteinsatz macht der S-Bahn Probleme | Nach einem Notarzteinsatz wurde die Streckensperrung zwischen Laim und München - Ost aufgehoben und der Zugverkehr wird wieder aufgenommen. Mit Verzögerungen und vorzeitigen Zugwenden muss allerdings noch gerechnet werden."

Dann die Leser-Kommentare:

"Rob, 15:37 Uhr | Leichenfund | Der Fahrer der S3 von Holzkirchen kommend machte die Durchsage: 'Wegen eines Leichenfundes an der Donnersberger Brücke endet der Zug heute bereits ab Ostbahnhof.'"

Sockenpuppt, 09:57 Uhr |  'Notarzteinsatz' | ist nur der Euphemismus für 'Selbstmörder, der sich vor die S-Bahn geschmissen hat ...' Wird immer wieder gerne verwendet, um potenzielle Nachahmer nicht erst auf die richtige bzw. hier falsche Idee zu bringen."