Montag, 17. März 2014

Der Hoeneß-SPIEGEL

Auf dem SPIEGEL, im SPIEGEL: Uli Hoeneß. Schon wieder. Gekonnte Schreibe, wie nicht anders zu erwarten. Anklagend, fast könnte man in der hier passenden fußballerischen Wortwahl sagen: nachtretend. -- Mal etwas ausführlicher zitiert:

"Dies gehört zum menschlich verstörenden Kern des Falls Hoeneß, zu dem die Talkshow-Runden des Fernsehens vergangene Woche nicht recht vorstoßen wollten: dass der selbstgefällige Ex-Präsident des FC Bayern München - er legte am Freitag auch alle Vereinsämter nieder - sich noch im Moment seines Sturzes als eigentlicher Herr des Verfahrens geriert; dass sich der Metzgerssohn aus Ulm in Größenwahn über seine Richter stellt, indem er ihnen das Urteil gewissermaßen verzeiht; dass er dabei stets wirkt wie einer, der über die Anwendung von Gesetz und Recht auf sich im Einzelund vor allem im Zweifelsfall selbst entscheidet; und der auf jeden Fall von sich glaubt, mehr Weisheit zu besitzen, als sie der ganze demokratische Prozess hervorbringen könnte. Dies gehört zum gesellschaftlich verstörenden Missverständnis dieses Falls: dass Hoeneß auch nach dem Richterspruch von München als guter Prominenter gleich wieder hochlebte, als ein zu Recht Wohlhabender, ein Mann „mit großer Lebensleistung", ein mildtätiger Kapitalist, ein Idol der Sozialen Marktwirtschaft. Diese verblendete Sicht auf die Dinge stammt zuerst aus der Bussi-Gesellschaft selbst, deren Mitglieder sich in den Talkshows gegenseitig die Stühle warm halten, aber sie hat längst auch weite Teile der großen Bewunderergemeinde des FC Bayern erfasst. Nüchtern betrachtet ist Hoeneß' Blick auf die Welt ein gefährlich gestriger, vordemokratischer: Im Leben des einstigen Spitzensportlers, späteren Wurstfabrikanten und endlich Weltspitzenmanagers ist das Geben keine demokratisch vereinbarte, austarierte Pflicht, sondern eine patriarchalisch zu gewährende Gunst. In Hoeneß' Welt haben Arme und Kranke keine Rechtsansprüche, sondern müssen auf die Gnade der Wohlhabenden und Gesunden hoffen. Diesen altbackenen Flausen hat das Münchner Urteil eine Absage erteilt, die jeden Anhänger des modernen Rechtsstaats nur beruhigen kann. Das Urteil besagt, dass dieser seltsame „Vater Teresa vom Tegernsee", wie ihn Karl-Heinz Rummenigge in der Festrede zu Hoeneß' 60. Geburtstag vor zwei Jahren tatsächlich titulierte, eben doch kein Heiliger, sondern einfach nur ein anderer Steuerhinterzieher ist. Und dass der „Nelson Mandela von der Säbener Straße", auch das sagte Rummenigge, deutschem Recht und Gesetz unterliegt. Das Urteil von München ist für Fußballfans und alle sonstigen Bürger die Gelegenheit, kurz innezuhalten und die Schönheit des Rechtsstaats zu bewundern. Denn es gilt gerade das Klischee nicht mehr, dass immer nur die Kleinen gehängt werden, während man die Großen laufenlässt."

Was verstörend wirkt? Die Höhe, von der herab Journalisten urteilen. Ich bin geneigt zu fragen, wie es um die Steuerehrlichkeit der Journalisten im Allgemeinen wie dieser Journalisten im Besonderen bestellt ist. Und nicht vergessen: selbstgefällig ist ein gefährliches Wort, so wie unverschämt. Oft kommen die, die anderer Benehmen unverschämt nennen, einem unverschämter vor als die, die da angeklagt werden. Und um ihre Integrität, um mal dieses Wort zu bemühen, sollten sich ja auch viele Journalisten sorgen. Dieses Rechthabergesäusel kann einem -- ok, persönlich: geht mir mehr auf die Nerven als Uli Hoeneß in seiner Spielsucht. 

Halten wir wenigstens die Pharisäer von der SPIEGEL-Redaktion namentlich fest. Es sind ja so einige. Ein ganzer Stab wurde aufgeboten, um den Stab über Uli Hoeneß in ganz kleine Stücke zu brechen.

RAFAEL BUSCHMANN, DINAH DECKSTEIN, MARKUS DEITMER, ULLRICH FICHTNER, MAIK GROSSEKATHÖFER, DIETMAR HIPP. CONNY NEUMANN, SARA PESCHKE, JÖRG SCHMITT

Und wenn dieses Damen und Herren mal selbst was ganz Demütigendes durchleben müssen, dann wünsche ich ihnen Freunde wie die FCB-Leute. Vorstände wie Anhänger. Ich fürchte nur, diese Art von Freunden werden sie dann nicht haben.

Ach ja, und auch das noch: Hätte Gerd Müller beim HSV gespielt, ich weiß nicht, ob er da so aufgefangen worden wäre wie beim FCB. Ich glaube, in Hamburg, vor allem beim SPIEGEL, hätte ihm die "demokratisch vereinbarte, austarierte Pflicht" -- was für eine schwurbelige Schreibe im Übrigen -- wenig geholfen. Er hätte zum Sozialamt gehen können, um sich seine steuergeldliche Hilfe zu holen. Hätte das dem Gerd Müller dann wirklich geholfen?

(Dass ich FCB-Anhänger bin, halte ich vorsichtshalber fest!)