Mittwoch, 4. Juni 2014

Das Schreiben erfolgreicher Bücher

Die Sache lässt sich von drei Seiten betrachten.

Die Autorenseite: Jemand möchte Schriftsteller werden. Jung oder schon älter oder alt -- egal. Er sollte prüfen lassen, ob er Phantasie hat, im ganz handwerklichen Sinn 'schreiben kann' und ob er Durchhaltevermögen hat. Letzteres ist sehr wichtig. Schauen wir uns das an:

* "Carrie ist Kings sechster Roman, allerdings der erste veröffentlichte. Zuvor schrieb er das unveröffentlichte Buch The Aftermath, Todesmarsch, das unveröffentlichte Sword in the Darkness, Amok und Menschenjagd. Drei davon wurden unter dem Pseudonym Richard Bachman veröffentlicht."

* "1995 vollendete sie [Joanne Rowling] Band 1, Harry Potter und der Stein der Weisen. Ein Jahr später schloss sie einen Vertrag mit dem Literaturagenten Christopher Little ab. Nachdem die Agentur das Werk mehreren Verlagen angeboten hatte und immer wieder Absagen bekam, nahm der Verlag Bloomsbury Publishing 1996 das Manuskript an. Auch dieser hatte es zuvor schon abgewiesen, besann sich dann aber auf Empfehlung seines Jugendbuchverantwortlichen Barry Cunningham noch einmal. Cunningham riet Rowling dennoch, sich wieder eine Stelle zu suchen, da man von Kinderbüchern allein nicht den Lebensunterhalt bestreiten könne. Rowling begann einen Fortbildungskurs, um wieder als Lehrerin zu arbeiten, und war für einige Monate an einer Universität in Edinburgh tätig. Das Buch sollte nicht unter Rowlings vollständigem Vornamen Joanne erscheinen, da der Verlag fürchtete, dass Jungen ungern von einer Frau verfasste Bücher lesen würden. Rowling entschied sich daher für die Initialen „J. K.“. Bis heute werden die Harry-Potter-Bände in Großbritannien unter dem Autorennamen „J. K. Rowling“ verlegt. Am 26. Juni 1997 wurde Harry Potter und der Stein der Weisen mit einer Startauflage von 500 Exemplaren veröffentlicht."

Kleine Anmerkung: Was macht eigentlich ein Verlag, dessen Lektor Harry Potter abgelehnt hat? Feuert er den Lektor? I wo! Der Verleger weiß, dass sich der Erfolg eines Schriftstellers, eines Buches oder einer Buchreihe nur sehr bedingt, nein -- gar nicht voraussehen lässt. Glück muss er haben, der Verlag!

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(Fortgesetzt am 2. Januar 2018)

Die Leserseite: Die Leser nehmen erfolgreiche Bücher immer sozusagen aus zweiter Hand war. Das Schlichteste ist wohl die Empfehlung von einem Freund oder einem Bekannten. „Dieses Buch musst du unbedingt lesen!“ Oder, was angenehmer ist, das entsprechende Buch wird als Geschenk gleich mitgebracht. Sonst schaut der Leser eben gelegentlich auf die Bestsellerlisten der Zeitungen und des Internets und weist dann Bescheid. Manchmal staunt er und fragt sich, warum ausgerechnet dieses Buch es unter die meistverkauften 10 Bücher des Buchmarkts geschafft hat. Aber auch hier gilt einfach: Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg. Dass ein Buch einer jungen – im übrigen durchaus hübschen und angenehmen – Autorin, das den Titel Darm mit Charme trägt, sogar ein internationaler Bestseller wird, hätten die meisten Leser wahrscheinlich nicht vorhergesehen. Allein der Titel schon wäre ihnen lächerlich vorgekommen. Aber was soll's: Nichts ist erfolgreicher…

Die gegenwärtige Buchmarkt-Seite: Nun gut, Buchmarkt-Seite ist natürlich weitgehend identisch mit der Autorenseite. Mit dem einen Unterschied: Der Verlag hofft, wenn er ein Buch herausbringt, dass dieses Buch ein Erfolg wird. Bis zur Explosion der Buchherstellung war der Erfolg, so nehme ich einmal an, eine durchaus komplizierte Sache. Manche heute wichtigen Bücher wurden in ihren ersten Jahren oftmals kaum wahrgenommen und verkauften sich schlecht. Später dann hatten sie den Ruf zum Allerheiligsten der Kultur zu gehören und der Verkauf stieg entsprechend an. Und dann ist da noch jenes andere Phänomen: Ein Autor und seine Bücher waren einmal berühmt und erfolgreich, alle beide. Und dann auf einmal fielen sie dem Vergessen anheim. Mein Standardbeispiel ist hier immer Richard Dehmel: „Als 'größten deutschen Dichter' seiner Zeit bezeichnete ihn Frank Wedekind."  Irgendwo habe ich auch einmal gelesen, dass Dehmel zu seiner Zeit mit Goethe verglichen worden ist. Wer kennt heute noch Richard Dehmel? Und vor allem: Wer liest ihn noch? -- Eines meiner wichtigen Bücher in diesem Zusammenhang im Bücherschrank: Ein deutscher Dichter bin ich einst gewesen. Allein schon die klingende Poesie des Titels hat mich seinerzeit neugierig gemacht. Das ist kein Buch zum Durchlesen, sondern zum Nachschauen. Wie viele Autoren doch einstmals vom Buchmarkt großgemacht und anschließend auch wieder fallen gelassen wurden. Man reiht sich verwundert die Augen. Irgendwo tönt das alte Sic transit gloria mundi. (Was man dazu auch noch alles sagen kann! Das Leben als immerwährendes Staunen. Und irgendwo die Bücher.)

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Jetzt ist er zu Ende geschrieben, dieser Beitrag.