Freitag, 1. Mai 2015

"Gutmensch"

Weil ich gestern den Begriff, den ich sonst nie verwende, doch mal -- durchaus nur halb ironisch -- verwendet habe, habe ich heute einmal nachgesehen, was die Wikipedia daraus macht und fand die Paraphrasen und Begriffsbestimmungen nicht sonderlich gelungen. Meine Anmerkungen waren (hierher kopiert, um sie auch in Archivierungszeiten bei der Wikipedia zur Hand zu haben):

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Wie fast immer in sprachlichen Zusammenhängen ist die Terminologie schwierig. Ist das Gegenteil / das Antonym von alt nun jung oder neu? Na ja, je nach nominaler Verbindung mal das eine, dann das andere. Hier bei dem Wort Gutmensch ist es nun noch komplizierter:
"Gutmensch ist sprachlich eine ironische Verkehrung des ausgedrückten Wortsinns „guter Mensch“ in sein Gegenteil."
Das Gegenteil wäre, Ironie hin oder her, a) Schlechtmensch bzw. b) schlechter Mensch. Wobei b) nicht geht, weil am Ausgangspunkt ja nicht guter Mensch steht. Wie so oft kommt man nicht mit einer knappen Paraphrasierung aus. Anschließend wird die Parapharsierung dann ausufernd-verquer. "Mit dem Wort werde „insbesondere in Internet-Foren das ethische Ideal des ‚guten Menschen‘ in hämischer Weise aufgegriffen, um Andersdenkende pauschal und ohne Ansehung ihrer Argumente zu diffamieren und als naiv abzuqualifizieren“." Folgende Probleme:
  • "insbesondere in Internet-Foren" -- das ist extrem schwer zu belegen; eine entsprechende Untersuchung steht / stünde vor großen Methodenproblemen: Wie soll der 'Rest der Diskurswelt' = die Sprache der Nicht-Internetforen gefasst werden? Nimmt man die Aussage mit den Internetforen aber nicht so ernst, dann bleibt es eine windelweiche Allerweltsbehauptung, und das auch, wenn sich diese Sache mit den Internetforen in einer wissenschaftlichen Untersuchung findet.
  • "hämisch" Noch schwieriger. Mit dieser Attribuierung verlässt man den neutralen Standpunkt und stellt sich auf die Seite der Angegriffenen. Kann man moralisch richtig finden, ist aber eben doch ein politischer Standpunkt, der in einer neutralen Darstellung nichts zu suchen hat.
  • "ohne Ansehung ihrer Argumente" Genau das Gegenteil ist der Fall! Die Argumente werden angesehen und als unglaubwürdig / falsch und nicht zu Ende gedacht beurteilt.
Wenn ich die Sache paraphrasieren würde, dann bliebe: "Gutmensch wird als polemischer Kampfbegriff verwendet, wobei denen, auf die der Begriff angewendet wird, unterstellt wird, dass sie das in ihren Augen Gute vertreten, ohne die Implikationen ihrer Argumentation umfassend zu berücksichtigen und ohne einen wirklich persönlichen Einsatz zu zeigen." Ich könnte jetzt Beispiele geben, aber damit würde die Sache endgültig zu lang. Verändern will ich selbst nicht, denn das vorauszusehende anschließende Hin-und-her-Gezerre tue ich mir nicht an. Soll mal eine andere ran.

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