Freitag, 4. März 2016

Karasek und Praunheim -- eine Skizze

Er sagte, alt, altklug, nicht weise, dass er schon seit einigern Jahren auf der Suche sei, nach einer Filmbesprechung, die er mal im SPIEGEL ja, es müsse im SPIEGEL gewesen sein -- gelesen habe. Karasek habe da ungefähr geschrieben, dass das Eigenartige an diesem Film sei, dass Rosa von Praunheim ständig mit sich und ihrem Persönlichen hereinkäme. Ein junger Geliebter und solcherlei Dinge. Das wäre so, als ob er, der Rezensent, jetzt schriebe, dass er sich ein Glas Whiskey eingeschenkt habe, sich an den Tisch gesetzt habe, um diese Besprechung zu schreiben. So habe er es im Kopf. Und nun habe er sich wieder mal auf die Suche gemacht: site:spiegel.de karasek praunheim erst einmal. nicht whiskey. Es fänden sich da wunderbaren Stellen wie diese:

Auf der kleinen Hamburger Buchmesse, dem "Literatrubel", tauchte in den späten 70er Jahren auf Veranstaltungen, Lesungen, Diskussionen immer mal wieder eine Frau auf, Mitte Fünfzig, die bald allen auf die Nerven ging. | Sie trug kleine Gedichte vor, über die man sich schnell einig war, sie seien schweinisch und ferklig, und sie predigte immer wieder ihr Evangelium, das mit einem einzigen Verb, ihrem Lieblingsverb, beschrieben war: dem Wort "ficken". | Das Obszönste aber an Helga Goetze war, daß sie bieder und fröhlich aussah und nervte, wie nur eine überdrehte Mutti und Hausfrau zu nerven vermag. Sie hatte dreißig Jahre Ehe hinter sich, dreißig Jahre einer gutbürgerlichen Ehe mit einem Hamburger Prokuristen, und sie hatte in dieser Ehe sieben Kinder geboren, bevor sie sich auf ihren Weg in die spontane sexuelle Freiheit machte. (spiegel.de)

Nur eben, das sei es nicht, was er suche.

Oder das hier?

Auch in "Horror Vacui" werden die Menschen verlassen, zurückgestoßen, betrogen. Dennoch ist der Film keine schwule Werther-Geschichte, Berlin ''84, obwohl er mit einem (sogar kollektiven) Selbstmord endet. | Rosa von Praunheim zeigt vielmehr, wo man, angemistet, gefrustet und verlassen, zu landen droht: bei irgendeiner religiösen Sekte. Und wie man dort um sein Geld und seinen Geist gebracht wird, ob der Guru nun Mun oder Bhagwan oder Jones heißt. Aufklärung mittels Klamotte. (spiegel.de)

Aber nein, das sei es leider auch nicht. Oder? Noch mal genau hinsehen! Ja, doch! Nur -- der Whiskey fehlt. Der ist aus Kopfweh und Sodbrennen heraus offenbar ganz von alleine entstanden.

Eine Gesellschafts-Maxime lautet, daß man das Private vom Öffentlichen gefälligst zu trennen habe. Also sagt ein Dirigent höchst selten, daß er den dritten Satz geschmissen habe, weil er an den Streit mit seiner Frau gedacht hat. Und auch unter dieser Kritik steht nicht, daß der Verfasser während des Verfassens etwa an Kopfweh, Sodbrennen, Liebesentzug, Rheuma (Nichtzutreffendes bitte streichen!) gelitten habe. | Anders Rosa von Praunheim. Zu seinem neuen Film "Horror Vacui" bemerkt er: "Während der Dreharbeiten verliebte ich mich in meinen Hauptdarsteller Folkert Milster, der mich aber sanft zurückwies. Dann verlagerte ich meine körperliche Lust auf den schönen Lichtmann Lars, der ebenfalls negativ reagierte. Der Kamera-Assi Pille hatte mir schon bei einigen früheren Dreharbeiten zu verstehen gegeben, daß er mich nicht scharf findet ..." Na, und so weiter im traurigen Text.

Und hier in pdf! Mein Gott, jetzt hat er's!