Donnerstag, 22. Dezember 2016

Der normale Bürger und das Gschwerl

Es gibt ein Hintergrundrauschen im politischen Unterbewusstsein der 'normalen Bürger'*, da bin ich mir sicher. Dieses Hintergrundrauschen wird nicht verbalisiert, weil es eben das Unterbewusstsein bestimmt. Wenn der normale Bürger das Folgende liest:

Staatsanwaltschafts-Sprecher Martin Steltner: 'Der Tatverdächtige wurde dem ermittelnden Fachkommissariat überstellt.' Noch am Abend wurde er vernommen. Am Sonntag soll der Haftbefehl verkündet werden. Ermittelt wird auch gegen zwei Brüder und einen Bekannten von S., die auch bei der Schock-Tat dabei gewesen sein sollen. Von ihnen fehlt jede Spur. S. jüngerer Bruder war Montag festgenommen, aber mangels Beweisen wieder freigelassen worden. (msn.com)

dann überlegt er, vage und ganz unbestimmt: a) Wie wohl die Sicherheitslage in diesem Land bestellt ist, wenn Leute durch die Gegend gehen, deren Namen und Herkunft man kennt, die bei Straftaten zumindest 'billigend dabei waren'** und von denen dann aber gesagt wird, dass von ihnen "jede Spur fehlt". b) Wie man denn das mit den mangelnden Beweisen im vorliegenden Fall verstehen soll. Was soll denn bewiesen werden? Sollten wir das mit dem 'billigend in Kauf nehmen' und das mit der 'unterlassenen Hilfeleistung' nicht einfach mal ernst nehmen und als Straftatbestand auffassen? Beides ist im vorliegenden Fall so augenfällig, dass es doch als bewiesen gelten darf, oder? c) Dass das bayerisch-ländliche Wort Gschwerl, das er, dessen Bedeutung er grob kennt, das ja auch was anti-wutbürgerliches hat, denn es konstatiert ja nur sanft -- dass dieses Wort einfach auf viele Leute zutrifft, die sich heutzutage im Land herumtreiben. Der normale Bürger überlegt in der Folge von c) auch, wie viel ruhiger, angstfreier, einfacher und auch billiger das alltägliche Leben wohl sein könnte, wenn kein Gschwerl gäbe, das von der Polizei überwacht, in den Gerichten hin und wieder angeklagt und in der Verwaltung sicherheitsverwaltet werden muss.


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* Bevor ein Fragen beginnt, was denn ein normaler Bürger sei, lege ich drei Kriterien fest: a) Der normale Bürger arbeitet oder ist in Rente, zahlt normal Steuern, und er gehört weder zu den unteren 20 noch zu den oberen 20% der Einkommens- und Besitzskala. b) Er interessiert sich im Rahmen seiner zeitlichen Möglichkeiten für Politik und diskutiert gelegentlich über Politik. c) Der normale Bürger hat einen Schul- und einen Berufsabschluss, er denkt in den Kategorien "Die da oben, wir da unten", und er formuliert dieses gesellschaftliche Bild auch immer wieder einmal.

** Hätten sie die Straftat, dieses "der Frau in den Rücken treten", nicht gebilligt, wären sie zur Polizei gegangen und hätten die Sache angezeigt und hätten ihre Zeugenaussage gemacht.