Dienstag, 2. Januar 2018

Streiflicht: Heino Jaeger

In diesem Jahr 2018 möchte ich versuchen, einen alten Plan in die Tat umzusetzen. Ich will das Streiflicht der Süddeutschen Zeitung immer wieder einmal rühmend hervorheben und dann einen Einzelbeitrag entsprechend kommentieren. Beginnen wir also mit dem ersten Streiflicht des Jahres, das heute einen Menschen, von dem ich noch nie etwas gehört hatte, rühmend heraushebt.

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Es ist tollkühn und unnütz, Prognosen für ein noch dermaßen entenkükenhaftes Jahr abzugeben, trotzdem soll bereits jetzt unumstößlich und bindend verkündet werden: 2018 wird ein Heino-Jaeger-Jahr. Zum einen deshalb, weil der unsterbliche Komiker Heino Jaeger soeben seinen achtzigsten Geburtstag gefeiert hätte, wenn er nicht vor zwanzig Jahren in einer Irrenanstalt gestorben wäre. (Süddeutsche Zeitung, Dienstag, den 02. Januar 2018. Seite 1)

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So etwas macht natürlich neugierig. Heino kannte ich bislang nur im Zusammenhang mit dem Heino, dem Original ohne Nachnamen. Und von Heino Ferch, den ich dunkel als „Schauspieler“ im hinteren Gedächtnis gespeichert habe.

Schaut man nach, dann scheint es auf den 1. Blick so zu sein, dass der Name Heino ein Name von Witze machen ist. Denn man findet da zunächst einmal: Heino Trusheim, geboren 1970, Stand-up-Comedian und  dann, auf Dänisch, Heino Hansen (komiker). ("Heino debuterede som stand-up komiker i november 2008 på Bispebjerg Comedy Corner.") Besagter Heino Jaeger ist nicht unter den ersten Funden. Was aber natürlich nichts heißt, denn man darf einfach nur nicht heino komiker in die Suchmaschine eingeben. Sondern heino jaeger komiker.


Heino Erik Jaeger (* 1. Januar 1938 in Hamburg-Harburg; † 7. Juli 1997 in Bad Oldesloe; auch Jäger geschrieben) war ein deutscher Maler, Graphiker und Satiriker.


Noch ein paar Einzelheiten:

Nachdem er 1983 aus Protest gegen den Fernsehlärm einer Nachbarin in seiner Wohnung Feuer gelegt hatte und dabei sein Atelier vernichtet worden war, war Jaeger kaum noch künstlerisch aktiv. Nach mehreren weiteren von ihm selbst verursachten Bränden und nach Feststellung einer „fortschreitende[n] Verwahrlosung und Alkoholsucht“ wies ihn die Hamburger Gesundheitsbehörde Mitte der 1980er in die geschlossen Psychiatrie Ochsenzoll ein. Später wurde er ins Sozialpsychiatrische Pflegeheim Haus Ingrid in Bad Oldesloe verlegt. Nach fast zehnjährigem Pflegeheimaufenthalt starb Heino Jaeger dort an den Folgen eines Schlaganfalls und wurde auf dem nahe dem Heim liegenden alten Bad Oldesloer Friedhof beigesetzt. ... Nach seiner Einweisung in die Psychiatrie fiel Jaeger der Vergessenheit anheim. Loriot fragte: „Wie konnte es geschehen, dass Heino Jaeger 25 Jahre ein Geheimtipp blieb? Wir haben ihn wohl nicht verdient.“ Für Eckhard Henscheid ist er der Mozart der Komik.

Nun gut, damit habe ich meinem Beitrag zur Wiederentdeckung von Heino Jaeger geleistet. Wenn es Weiteres von meiner kleinen Entdeckungsreise zu berichten gibt, werde ich hier berichten.

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Textproben Jaeger:

Passkontrolle

Neues vom Sport

Pfarrer Jaeger

Alles über Fisch

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Noch ein Fund:

"Mozart der Komik"

Erinnerung an Heino Jaeger

"Jaeger kam immer zu früh oder zu spät. Als er Ende der Sechziger entdeckt wurde, musste man links oder sensibler Liedermacher sein. Jaeger war unpolitisch, schlimmer: bekennender Nostalgiker. Mit Hingabe studierte er die Spinner und Spießer, die vom Zeitgeist aussortiert wurden: bräsige Kulturfilmer, monomanische Kleintierzüchter, munter schwadronierende Rentner, senile Künstlerlegenden, kregle alte Nazis. Wenn er in den Rumpelkammern der Geschichte das Verdrängte und Vergessene aufstöberte, scheute er sich nicht, Hitler in Wort und Bild neu zu erfinden, bunte Fabelwesen in SS-Uniformen zu stecken oder Kriegstrümmer zum Freizeitidyll umzuschminken. Versteht sich, dass sein eigenwilliger Surrealismus auf Ratlosigkeit oder gar Empörung stieß. Jaeger konnte aus dem Stegreif unvergessliche Typen entwerfen und schier alle Sondersprachen, Berufsjargons, Dialekte und Tonfälle nachahmen. Sein Desperado-Humor war selbstmörderisch: Jaeger äffte Polizei und Behörden, Ärzte, Seelsorger und Sozialhelfer noch nach, als er schon ihr Sorgenkind geworden war. Er biss die Hand, die ihn fütterte, verprellte Auftraggeber, Freunde und Gönner. Aber noch in der Psychiatrie wollten ihn seine Ärzte für ihre Privatpartys engagieren." Martin Halter STZ 17.02.2006 STUTTGARTER ZEITUNG

(Hier: netplanet-harburg.netsamurai.de